
Mechanisches Recycling
„Plastik könnte tatsächlich einer der ökologischsten Werkstoffe unserer Zeit sein, wenn wir lernen, damit richtig umzugehen“
Reinhard Schneider in seiner Dankesrede zur Verleihung des Deutschen Umweltpreises 2019
Vorteile von Kunststoff

Kunststoffe sind Materialien, die es mit diesen Eigenschaften und in dieser chemischen Zusammensetzung in der Natur nicht gibt, die also vom Menschen künstlich hergestellt werden. Sie werden im täglichen Sprachgebrauch auch als Plastik bezeichnet. Plastik kommt vom englischen plastic(s) und meint so viel, wie weich, knetbar, verformbar.
Ein Leben ohne Plastik ist heute gar nicht mehr vorstellbar. Dabei ist die Erfolgsgeschichte dieses praktischen Werkstoffs noch gar nicht so alt. Kunststoff, wie wir es heute kennen und nutzen, gibt es erst seit gut 150 Jahren. Die Massenproduktion von Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) und Polyethylenterephthalat (PET) begann Mitte des 20. Jahrhunderts. Diese Materialien veränderten viele Industrien und schufen die Basis für den heutigen allgegenwärtigen Einsatz.
Die Vorteile von Kunststoff sind vielfältig: Es ist leicht und bruchfest und kann in nahezu jede Form gebracht werden. Außerdem schützt Kunststoff vor Umwelteinflüssen wie Hitze, Licht und Witterung. Das alles macht Plastik zum optimalen Material für Verpackungen im Bereich Wasch- und Reinigungsmittel.

Falscher Umgang – problematisch für die Umwelt
Doch mit dem steilen Anstieg der weltweiten Produktion von Kunststoffen seit den 1960er Jahren nahm auch die Vermüllung unseres Planeten durch Plastik stetig drastisch zu. 6,4 Millionen Tonnen Plastikabfälle gelangen jedes Jahr nach Angaben des UN-Umweltprogramms (UNEP) ins Meer: Plastiktüten, Becher, Getränkeflaschen, Kanister und Verschlüsse; zerrissene Fischernetze, Seile, aber auch Turnschuhe und Badelatschen schwimmen dort. Andere Schätzung gehen sogar von 8 Millionen Tonnen aus, die jährlich zusätzlich die Weltmeere verschmutzen. Runtergerechnet bedeutet dies: Jede Minute wird unkontrolliert die Ladung eines Müllautos an Plastikmüll ins Meer gekippt. Wenn nichts dagegen unternommen wird, werden es im Jahr 2050 vier Müllautos pro Minute sein. Forscher*innen haben errechnet, dass dann mengenmäßig mehr Müll als Fisch im Meer schwimmt.
Die Lösung: Plastik im Kreislauf halten
Dabei kann Kunststoff umweltfreundlicher sein als viele andere Materialien – wenn wir richtig damit umgehen. Die Recyclat-Initiative von Werner & Mertz hat 2012 begonnen, eine Lösung dafür voranzubringen: Die hochwertige Wiederverwertung von Kunststoffen mittels mechanischem Recycling. Der Gelbe Sack als Sammelsystem solcher Verpackungen ist die Quelle, aus der „Wir für Recyclat“ seine Rohstoffe für neues Verpackungsmaterial gewinnt. Das Plastik aus dem Gelben Sack wird mithilfe von Kooperationspartnern entlang der gesamten Wertschöpfungskette energieschonend und damit klimafreundlich hochwertig aufbereitet und dann in hoher Qualität in neuen Verpackungen eingesetzt. Dadurch bleibt der Kunststoff im Kreislauf, wodurch die Umwelt gleich doppelt profitiert: Zum einen vermeidet es die Vermüllung von Landschaft und Meer, zum anderen schont es die natürlichen Ressourcen, weil nicht ständig neues Plastik nachproduziert werden muss.
Und es funktioniert: Inzwischen hat die Recyclat-Initiative Millionen Flaschen aus recyceltem Kreislauf in den Handel gebracht und damit bewiesen, dass die hochwertige Kreislaufführung von Plastik möglich ist.

Echtes Recycling vs. Recycling-Mythen
Plastik eignet sich aufgrund seines geringen Schmelzpunktes sehr gut dafür, immer wieder neu verwendet zu werden. Die direkteste und energieschonendste Form der Kreislaufwirtschaft unserer Branche ist damit das mechanische Recycling von Plastik.
Das erschreckende Ergebnis einer Untersuchung 2022 der ETH Zürich: Bei der Herstellung von neuem Plastik wird doppelt so viel fossile Energie verbrannt, wie als Rohstoff im Plastik enthalten ist.
Die Ergebnisse sind insofern bemerkenswert, als dass die Forschung sich bislang vorwiegend auf jene Umweltbelastungen konzentriert hat, die bei der Entsorgung von Plastik entstehen. Und diese Schäden sind bereits enorm: Die in Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern vorrangige Verbrennung von Plastikverpackungen erzeugt aus jedem Gramm Plastik im Schnitt drei Gramm CO2 und stellt überdies eine Verschwendung dieses wertvollen Rohstoffs dar.
Das Ergebnis, dass die Herstellung von neuem Plastik noch viel mehr CO2-Emissionen verursacht als die Verbrennung, zeigt, dass der CO2-Fußabdruck von Virgin Plastic noch viel schlechter ist, als zuvor befürchtet. Ausschlaggebend für die enormen Energiemengen bei der Herstellung sind laut der Untersuchung vor allem der stetig steigende Einsatz von Kohle-Strom in der Produktion.
Das gilt primär für die boomende Plastikwirtschaft in Schwellenländern wie China, Indien und Indonesien, wo die benötigte Energie für Neuplastik hauptsächlich aus klimaschädlichen Kohlekraftwerken stammt. Viele EU-Länder/westliche Industrieländer haben – so die Untersuchung – die energieintensive Herstellung von Kunststoff in diese Länder ausgelagert.
Zur Studie: Growing environmental footprint of plastics driven by coal combustion | Nature Sustainability
Neue Kunststoffe werden hauptsächlich aus Erdgas und Erdöl hergestellt – zwei fossile Rohstoffe, die immer knapper werden und in der Anwendung und Entsorgung dem Klima schaden. Deshalb wird heute wieder verstärkt der Einsatz von Kunststoffen aus nachwachsenden Rohstoffen erforscht und diskutiert.
Wir für Recyclat setzt sich ebenfalls für einen umweltschonenden Umgang mit Kunststoffen ein. Doch nach aktuellem Kenntnisstand sehen wir und eine Vielzahl von Umweltwissenschaftler*innen bislang keine ökologischen Vorteile in der Nutzung von Kunststoffen aus nachwachsenden Rohstoffen oder biologisch abbaubaren Kunststoffen. Sie lösen weder die Klimaprobleme noch das Problem zunehmender Müllmengen, die unkontrolliert in die Umwelt gelangen. Nach unserer Überzeugung kann nur eine werkstoffliche, echte Kreislaufwirtschaft Rohstoffe und Umwelt schonen und Abfälle vermeiden.
Weitere Infos dazu gibt es hier: Jenseits von gut und Bioplastik | Initiative Frosch (initiative-frosch.de)
Als Lösung für die Vermüllung der Ozeane wird oft vorgeschlagen, den Plastikmüll wieder aus dem Meer herauszufischen und das Meeresplastik für Verpackungen zu recyceln. Doch so einfach ist es leider nicht. Gerade mal fünf Prozent des Plastikmülls lassen sich Berechnungen des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) zufolge wieder herausfischen. Zu wenig, um wirklich einen Unterschied zu machen. Und das wenige Meeresplastik, dass eingesammelt werden kann, lässt sich nicht mehr wiederverwerten. Denn wenn Plastik längerer Zeit der Witterung in freier Natur ausgesetzt ist, nimmt die Materialqualität so stark ab, dass es sich nicht mehr recyceln lässt.
Um zu verhindern, dass sich Jahr für Jahr größere Plastikmüllmengen im Meer sammeln, müssen die Verhältnisse vor allem an Land besser werden. Konsequente Kreislaufwirtschaft ist entscheidend: Recyclingfähige Verpackungen und der Einsatz von Recyclat können erheblich zur Verringerung von Plastikabfällen beitragen. Nur so lässt sich die Plastikflut direkt am Ursprung eindämmen. Die Initiative Wir für Recyclat zeigt seit vielen Jahren, dass ein geschlossenes System von Produktion, Nutzung und wertstofflicher Wiederverwertung von Kunststoffverpackungen möglich ist.
Die vielen Varianten der Pyrolyse – auch Chemcycling oder chemisches Recycling genannt – haben eines gemeinsam: Sie erfordern viel Energie, um zum Beispiel aus Plastik das erwünschte Pyrolyseöl zu gewinnen. Das Altplastik wird hier bei Temperaturen bis zu 1.500 Grad in seine petrochemischen Bestandteile zerlegt, um es mithilfe von frischem Öl wieder zu Plastik zu verarbeiten. Eine Studie großer Umweltorganisationen hat die schlechte Bilanz dieses Verfahrens belegt: Um eine Tonne Altplastik in Plastik zu verwandeln, braucht die Pyrolyse eine Tonne fossiler Brennstoffe als zusätzlichen Energielieferanten. Unabhängigen Fachleute sehen die Pyrolyse daher auch nicht als Unterart des Recyclings an, sondern als eine Variante der Verbrennung.
Diese Quelle schont das Klima nicht: Jedes Gramm verbranntes Plastik erzeugt rund drei Gramm CO2. Hinzu kommt, dass eine große Menge an Werkstoff bei der Pyrolyse verloren geht. Das wenige, was dabei an Pyrolyseöl gewonnen wird, lässt sich zudem meist nur nach einer zusätzlichen, aufwendigen chemischen Reinigung weiterverarbeiten.
Zur Studie: Shanar’s LCA brief/critique/paper (nabu.de)
„Unsere Form des Upcyclings verstehen wir als gelebte Öko-Effektivität“, so Reinhard Schneider. Auch für die Zukunft verfolgt die Initiative ehrgeizige Recyclingziele. „Künftig wollen wir das Potenzial Kunststoffabfälle aus dem Gelben Sack noch stärker ausschöpfen“, sagt Reinhard Schneider. „Zudem setzen wir uns dafür ein, dass die neuen Technologien stärker genutzt werden. Rohöl ist eine endliche Ressource und wir bieten ein millionenfach bewährtes Praxisbeispiel für einen effektiven Wertstoffkreislauf. Diese gelebte Kreislaufwirtschaft wollen wir zu einer flächendeckenden Idee der Nachhaltigkeit ausweiten, die sich im Bewusstsein der Verbraucher*innen etablieren soll.“
Die vorliegende Studien, die von Werner & Mertz in Auftrag gegeben wurden, beschäftigen sich mit dem Potential des mechanischen Recycling für eine Kreislaufwirtschaft und aktiven Klimaschutz.
Werner & Mertz – Beiersdorf – Fraunhofer Institut: How to Evaluate Post-consumer Polyolefin Rezyklates in Cosmetic Packaging?
Ökoinstitut – Vergleich und Gegenüberstellung verschiedener Recyclingverfahren
Systemiq – Werner & Mertz wo mechanisches Recycling zur neuen Norm gemacht wird